Fachanwalt für Verkehrsrecht

Landgericht Bonn: Eine Verkehrsunfallflucht begründet nicht ohne weiteres die Annahme einer arglistigen Obliegenheitsverletzung


Das Landgericht Bonn hat mit Urteil vom 15.11.2012 (Az.: 6 S 63/12) über die Frage zu entscheiden gehabt, ob eine vorsätzliche Verkehrsunfallflucht i. S. v. § 142 StGB gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung gem. § 28 II 1 VVG darstellt, ob diese Obliegenheitsverletzung ggf. arglistig war und ob der sog. Kausalitätsgegenbeweis ausgeschlossen ist. Es ging also um die Frage, ob die Versicherung leistungsfrei ist und der Versicherte den Schaden selbst zu bezahlen hat. Im Fall war streitig, dass der Fahrer des versicherten Fahrzeugs, nachdem er an einem anderen Fahrzeug im fließenden Verkehr hängen geblieben war und einen nicht unerheblichen Sachschaden angerichtet hat, eine Unfallflucht begangen und danach die Spuren am eigenen Auto mit Politur beseitigt hat. Die Haftpflichtversicherung hatte vor dem Amtsgericht mit ihrer Klage auf Zahlung von Euro 2.275,93 nebst Zinsen noch Erfolg. Das LG allerdings gab dem Versicherten Recht. Es wurde wegen der Unfallflucht zwar eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung angenommen, die geeignet ist, die vollständige Leistungsfreiheit der Versicherung gem. den Versicherungsbedingungen (§ 28 Abs. 2 S. 1 VVG, E.8.1 AKB) zu begründen. Allerdings sei die vorsätzliche Obliegenheitsverletzung nicht arglistig nach § 28 Abs. 3 VVG, E.8.2 AKB. Für die Arglist sei erforderlich, "dass der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann". Diese Frage sei in jedem Einzelfall zu bestimmen. Die Arglist ergebe sich nicht automatisch aus der vorsätzlichen Unfallflucht. Mit einer ausführlichen Begründung hat das LG hier eine arglistige Aufklärungsobliegenheitsverletzung nicht erkennen können. Hinzu kam, dass der sog. Kausalitätsgegenbeweis gem. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG, E.8.2 AKB 2008 vom LG als erbracht anzusehen war, "weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Entfernung vom Unfallort und erst nachträgliche Vorführung des Fahrzeugs bei der Polizei Einfluss auf die Feststellung bzw. den Umfang der Leistungspflicht des Klägers hätten".